Die deutsche Autoindustrie blickt im Jahr 2020 auf eine ungewisse Zukunft. Neben den Auswirkungen des Dieselskandals, der besonders im Ausland für hohe Strafzahlungen sorgte und bei dem noch immer Prozessrisiken in ungewisser Höhe bestehen, sorgt auch der nicht nur gegen Tesla bestehende Technologierückstand im Bereich der Elektromobilität für Probleme. Außerdem ist 2020 das erste Jahr, in dem Autohersteller bei zu hohen CO2-Emissionen ihrer Modelle in der Europäischen Union (EU) Strafsteuern bezahlen müssen.

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Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer

Der bereits 2009 festgelegte Grenzwert liegt bei 95 Gramm CO2 je Kilometer, was einem Verbrauch von 4,1 Liter Benzin oder 3,6 Liter Diesel entspricht. Als Berechnungsgrundlage dienen alle neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers in der EU. Fahrzeuge mit einem zu hohen Verbrauch können also durch besonders sparsame Modelle und Elektro-Autos, für die keine CO2-Emissionen berechnet werden, ausgeglichen werden. Sollte der Flottenverbrauch mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer erzeugen, müssen die Hersteller pro Gramm CO2 oberhalb des Grenzwertes 95 Euro Strafe bezahlen. Anfangs dürfen fünf Prozent der Neuwagen noch aus der Berechnung ausgenommen werden, dieses Zugeständnis an die Automobilindustrie gilt allerdings nur für ein Jahr.

Eine Simulation der Center of Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen kam zu dem Ergebnis, dass BMW etwa 1,09 Milliarden Euro, Mercedes etwa 1,24 Milliarden Euro und Volkswagen etwa 3,98 Milliarden Euro CO2-Strafsteuern bezahlen müsste, wenn keine E-Autos zugelassen werden. Eine Zulassung von 93.000 E-Autos durch BMW, 101.000 E-Autos durch Mercedes und 347.000 E-Autos durch Volkswagen könnte die Strafzahlungen verhindern.

Geringe Kundennachfrage und Lieferschwierigkeiten

Auch wenn die Nutzung von Elektro-Autos in Deutschland zunimmt und im Jahr 2019 mehr als 60.000 elektrische Neufahrzeuge zugelassen wurden, ist es utopisch, dass die Hersteller die zur Einhaltung der CO2-Grenzwerte nötigen Zulassungen im Jahr 2020 erreichen. Dies liegt zum einen an den noch hohen Preisen der Fahrzeuge als auch an den Lieferschwierigkeiten. Mercedes gibt derzeit beim Elektro-SUV EQC eine Lieferzeit von bis zu sechs Monaten an, Audi spricht beim E-Tron Quattro von mindestens vier Monaten und beim Porsche Taycan wird die offiziell kommunizierte Lieferzeit von drei Monaten laut einigen Händlern ebenfalls deutlich überschritten.

Kurzarbeit in der Automobilindustrie laut ifo-Umfrage wahrscheinlich

Der Strukturwandel in der Automobilindustrie, der vor allen Traditionsunternehmen stark belastet und neue Akteure wie Tesla, deren Marktwert inzwischen sogar den von Volkswagen übertrifft, profitieren lässt, hat laut einer Studie des ifo Instituts deutliche Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft von Deutschland. Neben den eigentlichen Autoherstellern sind davon vor allen kleinere Zulieferungsbetriebe betroffen, die aufgrund der sinkenden Nachfrage bereits häufig dazu gezwungen sind, Kurzarbeit in ihrer Produktion einzusetzen. Während im vergangenen Jahr 1,3 Prozent der Stellen komplett verloren wurden, gehen die Analysten des ifo Instituts davon aus, dass im laufenden Jahr ein ähnlicher oder noch höherer Stellenabbau erfolgen wird.

Kurioserweise wurden in Deutschland trotzdem mehr Autos deutscher Hersteller neu zugelassen. Diese werden jedoch oft im Ausland produziert und dann nach Deutschland importiert. Verantwortlich dafür sind neben der Umrüstung von Fabriken auf Elektro-Fahrzeuge und die dadurch wegfallenden Kapazitäten auch die niedrigeren Lohnkosten im Ausland.

Insgesamt wird es damit deutlich, dass die deutsche Automobilindustrie durch den Strukturwandel und die spätere Investition in den Bereich der Elektromobilität vor großen Problemen steht, die durch den Wegfall von oft gut bezahlten Arbeitsstellen langfristig auch andere Branchen bedroht.