Auf Anfrage der deutschen Presseagentur teilte das Finanzministerium in Stuttgart mit, dass es 2019 zu insgesamt 811 Fiskalerbschaften kam. Ein Rekordwert! 2018 waren es nur 436 Fiskalerbschaften gewesen, was einen Anstieg von 86 Prozent bedeutet. Bei Fiskalerbschaften handelt es sich um fällige Erbschaften, bei denen es entweder keine familiären Erben gibt oder diese davon absehen, ihr Erbe anzutreten. Die Erbschaft wird dann zu einer Fiskalerbschaft, die an das Land, in dem Fall Baden Württemberg, geht.
Die Gründe, warum eine Erbe nicht angetreten wird, können mannigfaltig sein. Manchmal fehlt es schlicht an lebenden Erben und ein Testament liegt nicht vor. Oder aber die Erben wollen das Erbe nicht annehmen, weil es zum Beispiel Gebäude und Immobilien umfasst, deren Baufinanzierung (beispielsweise im Falle notwendiger Sanierungen) die Erben nicht auf sich nehmen wollen. Oder das Erbe passt nicht in den Lebensentwurf der Erben und sie haben keine Verwendung dafür. Beispielsweise, wenn es sich um einen Bauernhof handelt und die Erben keine Absicht haben, in diesem Bereich tätig zu werden.
Eine statistische Verschiebung ist wohl der Grund für die Zunahme
Während die Anzahl der Fiskalerbschaften 2019 in Baden Württemberg ungewöhnlich hoch war, so war sie 2018 jedoch auch überraschend niedrig. Ansonsten bewegten sich diese Fälle immer um einen Bereich von rund 630 Fiskalerbschaften pro Jahr. Diese Schieflage ist jedoch wohl einem bürokratischen Umstand geschuldet, der zu einer statistischen Verzerrung sowohl 2018 und 2019 geführt hat.
So kam es in diesem Zeitraum in Baden Württemberg zu einer Notariatsreform, welche die Zuständigkeiten für Fiskalerbschaften von den Notariaten auf die Amtsgerichte übertrug. Dadurch blieben viele Fälle 2018 schlicht liegen und wurden 2019 nachgeholt, was wohl die niedrigen Fallzahlen 2018 sowie die hohen Fallzahlen 2019 erklärt.
Naturgemäß handelt es sich bei Fiskalerbschaften meist um marode und bisweilen überschuldete Gebäude. Auch Autos oder Musikinstrumente hat das Land Baden Württemberg auf diesem Wege bereits geerbt. Jedoch werden die Fiskalerbschaften nach rund zwei Jahren in aller Regel wieder gewinnbringend veräußert, sodass dem Land nach anfänglichem Investitionsbedarf meist kein Verlust entsteht.