Die gute Nachricht vorweg: die Bundesnetzagentur erwartet für das Jahr 2020 den Zubau von 5,6 GW-Leistung aus Anlagen der erneuerbaren Energien. Nach 5,8 GW-Zubau im Jahr 2019 bedeutet dies zwar einen leichten Rückgang der Wachstumsrate, allerdings erhöht sich der Gesamtumfang der erwarteten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um 4 % oder 226 TWh. Die schlechte Nachricht dabei ist, dass Deutschland die selbstgesteckten Ziele für den Zubau an erneuerbaren Energien deutlich verfehlt. Die Bundesrepublik hatte sich im Jahr 2019 mit der EU-Richtlinie 2009/28/EG verpflichtet, 18% seines Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu bestreiten. Stattdessen wird Deutschland laut einer Prognose des Bundesverbandes Erneuerbarer Energien (BBE) nur auf 16,2 bis 16,4 % kommen. Dies bedeutet nach dem Verfehlen der Klimaschutzziele auf die sich die Bundesrepublik festgelegt hatte, einen weiteren erheblichen Imageschaden der bundesdeutschen Umweltpolitik auf europäischem und globalem Parkett. Welche Faktoren führen zu diesem Scheitern?
Steigender Bruttoendenergieverbrauch
Entgegen den Prognosen der Bundesregierung, ist seit einiger Zeit ein Gesamtanstieg des Endenergieverbrauchs in der Bundesrepublik festzustellen. Einen großen Anteil an der unerwarteten Entwicklung haben die Entwicklungen auf dem Verkehrssektor und bei der Wärmeerzeugung. Für das Jahr 2017 muss ein Anstieg des Kraftstoffverbrauchs um 1,9% konstatiert werden. Der Verbrauch von Benzin stieg um 1,6%, der von Diesel sogar um 2%, der Flugtreibstoffverbrauch stieg um satte 6%. Der Mehrverbrauch von Dieselkraftstoffen liegt am ungehemmt weiterwachsenden Transportwesen. Für das Jahr 2020 gibt es keine Entwarnung. Der BBE prognostiziert bei Automobil-Kraftstoffen einen Anstieg um 2% und bei Flugzeugbenzin von 4%. D.h. die Deutschen fahren und fliegen, trotz der Klimadebatte immer weiter und mehr.
Strukturwandel auf dem Wärmeenergiesektor
Die vermehrte Nutzung von Erdgas zu Wärme und Stromerzeugung für Haushalte und Industrie, wirkt sich negativ auf den Anteil der erneuerbaren Energien aus. Der Endenergieverbrauch steigt auch auf diesem Sektor um etwa 1% im Jahr 2020. Der Zuwachs wird von einem überproportionalen Anstieg des Anteils von Erdgas von 5,2% getragen.
Veränderungen des Marktes für erneuerbare Energien
Der Markt für erneuerbare Energien besteht aus den drei Sektoren Wärmeerzeugung, Verkehr und Stromerzeugung. Während bei der Erzeugung von Strom Wachstum stattfindet, wenn auch mit rückläufigen Steigerungsraten, ist der Anteil der Erneuerbaren bei der Wärmeerzeugung und im Verkehrssektor insgesamt rückläufig. Im Wärmesektor stagniert er bei 12,9%, im Verkehrsbereich ist der Anteil im Jahr 2017 auf 5,2% gesunken.
Negative Entwicklungen auf dem Stromsektor
Der einzige Wachstumsfaktor beim Einsatz erneuerbaren Energien muss ebenfalls skeptisch beurteilt werden. Während auf dem Gebiet der Photovoltaik zumindest das EEG bei Privathaushalten zu greifen beginnt, bleibt der Ausbau der Windenergie deutlich hinter den Prognosen der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 zurück.
18% verfehlt, was nun?
Der Verstoß gegen die EU-Richtlinie hätte die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission zur Folge. Dies könnte zu erheblichen Strafzahlungen führen. Zur Vermeidung verbliebe rein rechtlich die Möglichkeit, analog dem Emissionshandel von anderen EU-Mitgliedsstaaten übererfüllte Prozente einzukaufen. Der Imageschaden für eine deutsche Klima- und Energiepolitik bliebe dennoch enorm. Die bundesdeutsche Energiepolitik muss sich nicht nur einer Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien verschreiben, sie muss auch den weiterwachsenden Endenergieverbrauch in den Griff bekommen.