Wenn man den Worten von US-Präsident Trump Glauben schenken will, dann befinden sich die USA inmitten eines beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwungs. Und gleichwohl die Arbeitslosigkeit tatsächlich auf dem niedrigsten Stand seit 50 Jahren ist (3,5 %), sieht es an anderen Fronten längst nicht so rosig aus, wie es der amtierende Präsident in seiner alljährlichen Rede zur Lage der Nation dargelegt hat. Ähnlich wie das taktisch wenig aussichtsreiche Amtsenthebungsverfahren gegen ihn, sind solche Aussagen wohl vor allem einem geschuldet: Dem Präsidentschaftswahlkampf im November diesen Jahres.

Abseits der Superlative, die ein solcher Wahlkampf mit sich bringt, von einer beispiellosen Konjunktur der US-Wirtschaft zu sprechen, entbehrt jeder Grundlage. Zwar gibt es durchaus positive Aspekte zu vermelden: Die niedrige Arbeitslosigkeit und ein entspanntes Aufatmen der US-Industrie, nachdem die Spannungen gegenüber China zumindest teilweise überwunden scheinen, gehören zu den aktuell positiven Lebenszeichen der US-Wirtschaft.

Großes Defizit in der Leistungsbilanz

Jedoch hat die Wirtschaftspolitik von Trump, der sich gerne als kaltschnäuziger Sanierer gibt, zu eher durchwachsenen bis mäßigen Ergebnissen geführt. Nirgendwo ist dies deutlicher zu sehen als am Defizit in der Leistungsbilanz der US-Wirtschaft. Während Deutschland in seiner Paradedisziplin als „Exportweltmeister“ zum vierten Mal in Serie die weltweit größten Überschüsse in der Leistungsbilanz produzieren konnte (293 Milliarden Dollar Leistungsüberschuss), liegt im Falle der USA ein rekordverdächtiges Defizit von 490 Milliarden Dollar vor. Das weltweit größte Defizit in der jüngsten Leistungsbilanz!

Auch die Neuverschuldung des US-Staates steigt rasant an. Grund dafür sind die erheblichen Steuererlasse, die Trump durchboxen konnte. So wurden auf sein Wirken hin Unternehmenssteuern und Einkommenssteuern reduziert. Dadurch verpufft die gute Beschäftigungslage mit Blick auf den Staatshaushalt nahezu wirkungslos. Sollte der gegenwärtige Kurs in Puncto Steuerpolitik beibehalten werden, dann droht den USA zum Ende des Jahrzehnts hin eine Verschuldung relativ zum eigenen Haushalt, die man aktuell eher mit Ländern wie Griechenland oder Italien in Verbindung bringt.